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VISION Mobility: Das ändert sich 2025 in der Autobranche

2024 wurde deutlich: Die Automobilbranche in Deutschland steckt in der Krise. Die gesamtwirtschaftliche Lage stellt viele Hersteller und Händler vor Herausforderungen, hinzu kommen der Wandel hin zur Elektromobilität, die wachsende Konkurrenz aus Asien sowie die Digitalisierung. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, ist es daher für alle Akteure wichtig, sich mit den aktuellen Trends auseinanderzusetzen, die das Gesicht der Branche nachhaltig verändern werden.
20.01.2025

Artikel von Philipp Kranich, veröffentlicht in VISION Mobility.

Das Einzige, was beständig ist, ist der Wandel – auch im Handel und Vertrieb, wo die Automobilbranche vor großen Veränderungen steht. Klar ist: Es gibt und braucht neue Wege im Vertrieb.

Direktvertrieb und Agenturmodell auf dem Prüfstand

Die klassischen Vertriebsmodelle der Automobilindustrie stehen zunehmend auf dem Prüfstand. Immer mehr Hersteller verfolgen die Strategie, mehr Kontrolle über die Verkaufsprozesse zu erlangen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Hersteller erhalten einen direkteren Zugang zu Kunden und deren Daten und können eine einheitlichere Preisgestaltung sicherstellen. Dieser Wandel wird insbesondere durch die Integration digitaler Plattformen vorangetrieben, über die Kunden ihre Fahrzeuge online konfigurieren, finanzieren und bestellen können.

Das Agenturmodell etabliert sich dabei als tragende Säule in dieser Entwicklung. Händler, die traditionell für die Lagerhaltung und Preisgestaltung verantwortlich waren, sind nun angehalten, ihr Hauptaugenmerk auf die Kundenberatung, das Kundenerlebnis und die regionale Marktbearbeitung zu legen. Ihre Rolle wandelt sich zu der eines Vermittlers und Servicepartners. Diese Umstrukturierung reduziert zwar die Eigenverantwortung der Händler, erfordert aber gleichzeitig eine höhere Qualifikation des Personals, insbesondere in den Bereichen Beratungsqualität und Customer Management.

Obwohl diese neuen Vertriebsmodelle viele Chancen bieten wie effizienteres Management und stärkere Kundenbindung, sind sie auch mit Herausforderungen verbunden. Händler kämpfen mit dem Verlust ihrer Margenflexibilität und einem eingeschränkten unternehmerischen Handlungsspielraum. Hersteller wiederum stehen vor der Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit ihrer neuen Logistik- und Vertriebsprozesse weiter sicherzustellen. Zudem müssen sie den Aufbau leistungsstarker Online-Plattformen bewältigen und mit der Skepsis langjähriger Händlerpartner umgehen. Aktuell ist zu beobachten, dass viele Hersteller, die eine Umstellung auf das Agenturmodell angekündigt hatten, diese nun wieder auf Eis legen. Langfristig wird sich daher erst zeigen müssen, welches Modell bei Kunden und Partnern auf die größte Akzeptanz stößt.

Gebrauchte Elektrofahrzeuge: Transparenz, Vertrauen und neue Impulse

Der Gebrauchtwagenmarkt wird weiterhin von den Veränderungen geprägt sein, die sich aus der zunehmenden Verbreitung von gebrauchten Elektrofahrzeugen (BEV) ergeben. Die hohen Neuzulassungszahlen der letzten Jahre, die stark durch staatliche Subventionen gefördert wurden, bringen nun die erste Welle gebrauchter BEV auf den Markt. Leasingrückläufer und Kompaktmodelle wie der VW ID.3 oder der BMW i3 finden sich immer häufiger auf dem Gebrauchtwagenmarkt.

Die rasante Entwicklung der Batterietechnologie und die damit einhergehende stetige Erhöhung der Fahrzeugreichweiten führen dazu, dass viele Gebrauchtwagenmodelle an Attraktivität verlieren. Grund dafür sind Vorbehalte vieler Kunden wie der Degradation der Batterie. Diese Unsicherheiten lassen die Restwerte gebrauchter Elektrofahrzeuge sinken, was die Margen für Händler und Hersteller stark belastet. Händler sehen sich häufig gezwungen, Preisnachlässe zu gewähren oder ihre Lagerbestände länger zu halten.

Der entscheidende Unsicherheitsfaktor ist dabei der Zustand der Batterie. Kunden werden zunehmend Transparenz über den Gesundheitszustand (State of Health, SoH) der Batterie verlangen, ein standardisiertes Bewertungssystem fehlt jedoch bislang. Um Vertrauen in den Markt für gebrauchte BEV zu schaffen, sind Zertifizierungsprogramme für Hersteller und Händler notwendig. Diese sollten Garantien auf Batterien und elektrische Komponenten sowie transparente Batterietests und Nachweise über Ladezyklen und Restreichweiten beinhalten. Darüber hinaus können gebrauchte Fahrzeuge im Rahmen von Batterierecycling- oder Second-Life-Programmen genutzt werden und so die Kreislaufwirtschaft fördern und Nachhaltigkeitsziele unterstützen.

Neben den genannten Programmen und Initiativen kommt den Händlern eine entscheidende Rolle zu: Um die Skepsis gegenüber Elektrofahrzeugen abzubauen, müssen sie aktiv Vorurteile der Kunden abbauen und im Verkaufsprozess beispielsweise auf die geringeren Betriebskosten und Umweltvorteile hinweisen. Eine weitere Möglichkeit sind Zusatzleistungen wie der Zugang zu Ladekarten, die Installation von Wallboxen oder Rabatte auf Schnellladetarife, um den Kaufanreiz zu erhöhen.

Die Macht der Großen

Die Automobilbranche steht 2025 vor einer intensiven Konsolidierungsphase. Große Handelsgruppen nutzen ihre Marktmacht, um kleinere und mittelständische Händlerbetriebe zu übernehmen. Vor allem die steigenden Anforderungen bei Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeitsberichtspflichten oder der Wandel zum Direktvertrieb machen es für kleinere Händler immer schwieriger, Schritt zu halten.

Die Konsolidierungsbewegung wird insbesondere von führenden Handelsgruppen wie Emil Frey, Penske Automotive oder der Hedin-Gruppe vorangetrieben. Diese expandieren nicht nur national, sondern drängen auch in internationale Märkte, um Skaleneffekte zu nutzen und ihre Marktposition zu stärken. Der Fokus liegt dabei auf der Schaffung europäischer oder globaler Synergien und der zentralen Steuerung von IT- und Marketingressourcen.

Die Folgen dieser Entwicklung sind vielfältig. Einerseits profitieren große Handelskonzerne von einer stärkeren Verhandlungsposition gegenüber Herstellern und Lieferanten sowie von der Integration neuer Technologien. Auf der anderen Seite geht die individuelle Kundenbetreuung, die kleinere Händler bieten können, häufig verloren. Zudem nimmt die Zahl der Händlerstandorte insbesondere in ländlichen Regionen auf Kosten der Erreichbarkeit für die Kunden ab.

Langfristig wird die Konsolidierung die Professionalität und Effizienz der Branche erhöhen. Standardisierte Prozesse, moderne Infrastrukturen und ein einheitliches Kundenerlebnis können die Qualität des Vertriebs verbessern. Für kleinere Händler ist es jedoch entscheidend, sich zu spezialisieren oder Kooperationen einzugehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Rückzug aus alternativen Mobilitätslösungen

Nach einer Phase intensiver Diversifizierung ist im Jahr 2025 ein nachlassendes Interesse an alternativen Mobilitätslösungen zu beobachten. Händler ziehen sich zunehmend aus Bereichen wie dem Fahrrad- und E-Bike-Markt zurück und konzentrieren sich auf ihr automobiles Kerngeschäft. Diese Entwicklung wird vor allem durch mangelnde Marktdurchdringung und fehlende Synergien zum Kerngeschäft getrieben. Die starke Konkurrenz durch spezialisierte Anbieter sowie die oftmals höheren Margen im Automobilbereich machen alternative Produkte weniger attraktiv.

Vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Situation und der Herausforderungen, denen sich die Branche in Deutschland stellen muss, ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich Hersteller und Händler auf ihr automobiles Kerngeschäft konzentrieren und auf profitablere und markenstärkende Angebote setzen.

Was bedeutet das?

Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, muss sich die Automobilindustrie im Jahr 2025 wandeln. Die Anpassung der Vertriebsmodelle, die Herausforderungen im Gebrauchtwagenmarkt, die Konsolidierung im Vertrieb und die Neuausrichtung der Produktstrategien zeigen eine klare Richtung: Die Branche wird effizienter, spezialisierter und digitaler. Hersteller und Händler, die diese Trends frühzeitig erkennen und aktiv gestalten, werden im Wettbewerb die Nase vorn haben. Dabei bleibt es entscheidend, den Kunden in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zu stellen, um langfristig erfolgreich zu sein.

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Philipp Kranich
Senior Manager
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